Plus 5%
Eine Durchblickgeschichte über das, was hier so alles läuft auf dieser Erde
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Gib mir die ganze Welt plus 5%...
Fabian fühlte sich großartig, als er seine Rede für den nächsten Tag vorbereitete. Sein Traum von Prestige und Macht wurde nun endlich Wirklichkeit. Sein Beruf als Goldschmied stellte ihn nicht länger zufrieden, er brauchte eine Herausforderung, mehr Aufregung in seinem Leben, und jetzt wurde sein Plan Realität.
Seit Generationen war das Tauschen von Waren die gängige Art des Handels. Familien lebten davon, sich auf bestimmte Waren zu spezialisieren, um den eventuellen Überschuss als Gewinn mit Waren eines anderen Händlers auszutauschen.
Der Marktplatz präsentierte sich laut und staubig und die Marktschreier waren in ihrem Element. Dem Volk gefiel das Treiben, das immer interessant war und es gab viel Neues zu hören. In letzter Zeit allerdings nahm der Umtrieb zu und Streitigkeiten wurden zur Regel -
ein neues System war nötig!

In jeder Gemeinde gab es einen Bürgerrat, der dafür sorgte, dass den Bürgern Selbstverwaltung und Freiheit gewährleistet blieb. Niemand konnte zu etwas gezwungen
werden, was gegen den persönlichen Willen war. Das zu garantieren war die Pflicht des Bürgerrates und in demokratischen Wahlen wurde der Bürgermeister gewählt.
Dennoch war der Bürgermeister manchen Situationen nicht gewachsen, insbesondere wenn es darum ging, bei Uneinigkeiten auf dem Marktplatz festzulegen, ob beispielsweise ein Messer mit einem oder zwei Körben Mais zu bezahlen sei oder ob einer Kuh mehr Wert beizumessen wäre als einem Leiterwagen.

Fabian hatte nun angekündigt, dass er die Lösung für diese Probleme hätte und sie am
nächsten Tag der Öffentlichkeit vorstellen würde.
Tags darauf erläuterte Fabian vor einer großen Menschenmenge sein neues System, das er
»Geld« nannte. Die vorgetragene Geschichte klang logisch und die Leute wollten in ihrer
Neugierde wissen, wo zu beginnen sei.

„Das Gold, aus dem ich Schmuck mache, ist ein erstklassiges und wertvolles Metall, das nicht rostet und lange währt. Also werde ich aus Gold Münzen herstellen und sie Goldtaler
nennen", sagte er.
Weiters hat ein Taler einen bestimmten Wert und »Geld« als Mittel zum
Tausch ist wesentlich praktischer als der Austausch von Waren als solche."
Einer der Bürgermeister brachte zur Rede, dass es nicht allzu schwierig sei, Gold selbst zu schürfen und damit Taler herzustellen.
„Das wäre kriminell und muss auf jeden Fall unterbunden werden", entgegnete Fabian, „nur die vom Bürgerrat zugelassenen Münzen sind erlaubt und zur Sicherheit werden sie mit einem Siegel versehen."

Das klang fair, allerdings unterbrach der Kerzenmacher: „Das Anrecht auf die meisten Taler habe ich, da jeder Bürger meine Kerzen braucht."
„Auf keinen Fall", schrie einer der Bauern, „ohne mein Gemüse würden wir alle hungern! Ich verdiene die meisten Taler!"

Fabian ließ sie eine Weile streiten und machte dann folgenden Vorschlag:
„Da ihr euch nicht einigen könnt, schlage ich vor, jedem einzelnen so viele Taler zu leihen wie er will, unter der Voraussetzung, dass diese zurückgezahlt werden können. Da ich das Geld zur Verfügung stelle, habe ich das Recht auf eine Vergütung, und für 100 Taler bekomme ich 105 am Ende des Jahres zurück.

Diese 5 Taler nenne ich »Zins« und sind mein Verdienst."
Dies schien vernünftig und 5% hörten sich geringfügig an...
„Fabian verlor keine Zeit und verbrachte die nächsten Tage und Nächte mit dem Herstellen von Münzen. In der folgenden Woche standen die Leute vor seinem Geschäft Schlange und liehen die
ersten Taler; anfangs nur ein paar wenige, um das ungewohnte System auszuprobieren.

Das neue Konzept »Geld« funktionierte erstklassig und der Wert der Waren wurde »Preis« genannt. Dieser wurde aufgrund des Aufwandes und der Zeit festgelegt, die in Form von Arbeit geleistet wurde.

In einer der Städte des Landes lebte Alban, der einzige Uhrmacher in dieser Gegend und die Kundschaft war bereit, einen recht hohen Preis für seine Uhren zu bezahlen.

Dann öffnete ein neuer Uhrmacher einen Laden und Alban war gezwungen, seine Preise zu senken, um nicht alle seine Kunden an die neue, billigere Konkurrenz zu verlieren.
Dies war freier Wettbewerb im ursprünglichen Sinne und entwickelte sich in allen denkbaren Branchen. Hindernisse im Sinne von Tarifen gab es nicht, genauso wenig wie Schutz vor Bankrott. Im Zweifelsfall gingen die Betroffenen zu Fabian und ließen sich informieren. Der Lebensstandard stieg und schließlich wunderte sich ein jeder, wie ein Leben vor dem »Geld« überhaupt möglich gewesen war.
Am Ende des Jahres suchte Fabian diejenigen Leute auf, die Geld von ihm geliehen hatten. Manche besaßen mehr, als sie aufgenommen hatten, was zugleich bedeutete, dass andere weniger haben mussten, da ja nur eine bestimmte Summe im Umlauf war.
Diejenigen, die mehr in Besitz hatten, zahlten die hundert Taler plus 5 Taler Zins zurück, mussten aber oftmals neues Geld leihen, um weiter im Geschäft bleiben zu können.

Die anderen jedoch merkten zum ersten Mal, dass sie Schulden hatten. Fabian nahm daraufhin in scheinbarer Hilfsbereitschaft sogenannte Hypotheken über Teile ihrer Besitztümer auf, und der gab ihnen neues Geld zum ausgeben. Jeder suchte nach den fehlenden fünf Talern und die waren so schwer zu finden.

Niemandem wurde klar, dass die ganze Nation niemals wieder unverschuldet sein konnte, bis alle Taler zurückgezahlt waren und selbst in diesem Fall fehlten pro geliehenen 100 Talern die 5 Taler Zins, die es nur in einer Illusion gab. Nur Fabian wusste, dass diese Summe niemals existierte und folglich die Rechnung nicht für jeden aufgehen konnte.

Sicherlich hatte er den einen oder anderen Taler für seine eigenen Zwecke verwendet, niemals allerdings konnte er als Einzelperson 5% des gesamten Wirtschaftsvolumens verbrauchen; schließlich war er nur ein Goldschmied.
In seinem Atelier hatte er einen Tresor und manche Kunden trauten ihm gegen ein geringes Entgelt ihre Münzen an, wofür sie eine Quittung erhielten.

Bei manchen Einkäufen war es einfach praktisch, anstelle von Münzen direkt mit Fabians Quittungen zu bezahlen und diese Methode setzte sich in weiterer Folge ohne Einwände durch.
Fabian stellte bald fest, dass es recht unwahrscheinlich war, dass auch nur einer seiner
Kunden plötzlich alle Münzen zurückfordern würde. Also, dachte er sich, warum mehr
Münzen herstellen, wenn sie doch gar nicht gebraucht werden, und er fing an, die bereits
vorhandenen und bei ihm deponierten Münzen anstelle neuer herzuleihen, anfangs mit großer Vorsicht, nach und nach aber mit wachsender Selbstverständlichkeit.
Er sagte sich: „In der Tat ist es nicht mein Eigentum, sondern nur das treuhändig bei mir deponierte Kundengold, aber es ist nun mal in meinem Besitz und darauf kommt es an."
Freunde, Bekannte und Fremde, selbst Feinde brauchten Geld für ihre Geschäfte und solange sie Sicherheiten vorweisen konnten, war dem Ausleihen von Geld keine Grenze gesetzt. Fabian stellte kurzerhand Quittungen aus, obwohl deren ausgepreister Wert inzwischen ein
Vielfaches des Wertes der im Tresor gelagerten Münzen darstellte. Wie auch immer - solange niemand sein Geld zurückverlangte, war dies alles kein Problem und Fabian führte auch genauestens Buch. Der Geldverleih war in der Tat ein lukratives Geschäft.

Fabians sozialer Status stieg so schnell wie sein Wohlstand und sein Wort und seine Ansichten von finanziellen Angelegenheiten erwuchsen zu prophetischer Natur.
Goldschmiede aus anderen Teilen des Landes waren sehr interessiert an seinem Erfolg und Fabian berief ein Treffen der Goldschmiede ein, das bereits unter Geheimhaltung stattzufinden hatte. Schließlich durfte der Schwindel nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Nach einigem Abwägen wurde eine Bruderschaft gegründet und die Mitglieder auf absolutes Stillschweigen vereidigt. Die Mitglieder von Fabians Loge nannten sich nun die „Illuminati" und nach dem Treffen
dieser „Erleuchteten" begannen die Goldschmiede in allen Teilen des Landes, nach Anweisungen ihres Vorsitzenden Geld zu verleihen.

Mittlerweile wurden Fabians Quittungen genauso akzeptiert wie seine Goldtaler und genauso in seinem Tresor unter Verschluss gehalten. Wenn ein Händler einem anderen einen bestimmten Betrag bezahlen wollte, korrigierte der Logenfürst lediglich die Nummern in seinem Buch und das Geld wechselte den Besitzer. Der Austausch von Quittungen etablierte sich und es wurde dafür die Bezeichnung »Scheck« eingeführt.

In einem weiteren Treffen mit den Goldschmieden stellte Fabian eine neue Idee vor, die in der Tat bald danach den Bürgermeistern und Regierungsbeamten unterbreitet wurde: Fabian täuschte alarmplanmäßig vor, dass gefälschte Schecks aufgetaucht seien und bestürzt baten die Beamten den Illuminatenchef um seinen Rat. „Mein Vorschlag ist," unterbreitete dieser, „dass die Regierung Scheine druckt, die schwer zu fälschen sind und »Banknoten« genannt werden. Wir Goldschmiede tragen hierfür gerne die Kosten, uns erspart dies schließlich die Zeit für all das Ausfüllen der Quittungen."
Dies schien einleuchtend und die Beamten stimmten ohne Einwand zu. Außerdem, schwatzte Fabian weiterhin, würden bestimmte Individuen aus Gold heimlich Taler herstellen und folglich sollte jede Person, die nach Gold schürft, mit verstärkter Überwachung verpflichtet werden, dieses bei den Behörden einzureichen, wobei selbstverständlich die dem Wert entsprechende Vergütung in Form von Münzen und Banknoten dafür ausgehändigt würde.
Der Vorschlag wurde angenommen und in der Tat stellten sich die neuen Geldscheine als überaus handlich dar, dennoch wurden nach wie vor 90% aller Transaktionen „intern" in Form von Schecks abgewickelt.

Um das Geld in seinem Tresor zu bewachen und zu verwalten, hatte Fabian ursprünglich ein kleines Entgelt verlangt. Der nächste Schritt im Plan des „erleuchteten Mannes" bestand nun darin, das sich frei im Umlauf befindliche Vermögen als Anlage in seinen Tresor zu locken.
Daher überarbeitete er seine Forderung und bot nun seinerseits einen fixen Zinssatz von 3% für die »Spareinlagen« an. Die davon betroffenen Kunden waren natürlich sehr erfreut und akzeptierten, dass Fabian das Geld weiterverlieh, wobei er seine ominösen 5% Zinsen
aufschlug, was letztendlich nur 2% Profit zu sein schienen.
Das Vermögen, das Fabian nun verwaltete, wuchs aber naturgemäß schnell an und wieder verlieh er wesentlich höhere Summen, als tatsächlich in Form von Geldscheinen im Tresor lagen. Er war sukzessive in der Lage, das drei- oder vierfache, bald sogar das acht- bis neunfache der Einlagen weiterzuverleihen. Vorsicht war dennoch geboten, kam es doch
gelegentlich vor, dass Kunden ihre eingelegte Summe in Form von Banknoten und Münzen ausbezahlt haben wollten.

Diese Praxis stellte sich als unerwartet lukrativ dar, da Fabian aufgrund der progressiven Dynamik dieser unglaublichen Transaktionen bis zu 900 Taler Buchvermögen aus 100 Talern realer Einlage ableiten konnte, wobei die daraus erwirtschafteten 45 Taler Zins einem realen Zins von 42% entsprachen und keineswegs den 2%, wie allgemein angenommen wurde. Die anderen Goldschmiede folgten selbstverständlich und mit großer Freude diesem Plan und Geld wurde nun einfach durch den Füllfederhalter erschaffen.

Fabian begann, die unfassbaren Einkünfte für das Studium von antiken Mysterien und dem Geheimnis von der Herkunft des Planeten Erde und des auf ihm lebenden Menschengeschlechtes zu verwenden, was auf geistiger Ebene seine Macht noch drastisch erhöhte. Er scheute weder Geld noch Mühe, um an das Wissen der alten Meister zu gelangen, allerdings in der Absicht, es für seine persönlichen materiellen Gelüste völlig zu absorbieren.
Ab einem gewissen Punkt verkündete er plötzlich, Vertreter einer auserwählten Rasse zu sein. Als eine von vielen Folgeerscheinungen begann er sogar, seine Logenmitglieder zu belügen, wobei die Vorgehensweise relativ simpel war. Fabian führte einfach verschiedene
Graduierungen der Initiation ein, die von den einzelnen Mitgliedern in einem zeit- und lernaufwendigen Prozess zu durchschreiten waren und legte die Struktur so an, dass die Personen einer bestimmten Baustufe nur wenig Ahnung hatten von den Bedingnissen und Umständen der nächsthöheren Ebene, geschweige denn der übernächsten. So konnte den braven Neuzugängen und noch „unterentwickelten" Logenmitgliedern eine abstruse Weltsicht offenbart werden, die ein vorangehendes Ablegen der bisherigen persönlichen Erkenntnismuster verlangte wie bei Sekten. Die völlig widernatürlichen Lehrinhalte konnten dann, mit Untermauerung durch funktionierende magische Praktiken, als „geheimes höheres Wissen" an den Mann gebracht werden. Somit konnten viele Logenmitglieder, vornehmlich
der unteren Grade, für sekundäre nationale und internationale Machenschaften eingesetzt werden, ohne dass dieses Spiel von den Betroffenen selbst durchschaut wurde.

Als eine weitere Folgeerscheinung wurden gut gebrauchbare Mitglieder höherer Ränge in fortgeschrittenes Wissen der geheimen Bruderschaft eingeweiht und in sensiblen Positionen des Volkes platziert.
Fabian hatte zum Beispiel entdeckt, dass die Stimme eines Menschen einen direkten Hinweis auf dessen zugrundeliegende Macht darstellt. Die Händler am Markt, die mit der lautesten Stimme und besten Wortwahl ihre Produkte anboten, machten das beste Geschäft und ein Opersänger konnte mit der Macht seiner Stimme einen ganzen Festsaal zutiefst beeindrucken.
Kinder jedoch, die von ihren Eltern ständig geschlagen und derart in ihrer Macht unterdrückt wurden, zeigten sich scheu und wortkarg: Ganz offensichtlich ist die Stimme ein Machtpotential.

Als Konsequenz wurden politische Parteien erfunden. Diese hatten den Sinn, dem ahnungslosen und zur 2. Klasse degradierten Volk als wählbare Allianz greifbar zu erscheinen, um ihm das ungeschmälerte Vorhandensein einer Demokratie vorzutäuschen.
Tatsächlich wurden aber alle politischen Parteien von Fabians Loge finanziert, sowie unauffällig geführt und subtil aufeinandergehetzt ins Rennen geschickt. Innerhalb kürzester Eingewöhnungszeit hatte die Bruderschaft die politischen Parteien dermaßen gut konstituiert, dass nicht einmal die gereiften und durchaus intelligenten Parteimitglieder eine Vorstellung von der ganzen Tragweite dieser Manipulation hatten.

Magische Praktiken wurden eingesetzt, denen zufolge das arglose Volk seine Macht abzugeben hatte bei der Abgabe der eigenen Stimme anlässlich der angeblich demokratischen Wahlen. Und tatsächlich waren nach der Stimmabgabe die verblüfften Wähler jedes Mal machtlos und hatten dem plötzlichen Entschwinden der zuvor so verlockend geklungenen Wahlversprechungen ebenso hilflos zuzusehen wie dem Auftauchen unerwarteter neuer Verordnungen. Sie erkannten nicht im geringsten, dass sich bei Wahlen bestenfalls irgendwelche Ausdrucksformen änderten, niemals aber die wichtigen Inhalte und dass ihre Macht jedes Mal aufs Neue begraben war, weil sie ihre Stimme nichtsahnend in eine »Urne« eingeworfen hatten.

Da das Drucken von Geld in Regierungshand war und das Volk so hervorragend kritiklos unter dem Eindruck stand, dass Fabian und die Goldschmiede lediglich die Verwalter dieses Gutes waren, wurden als nächste Aktivität die Sprachkultur und Begriffsbestimmungen in die Mangel genommen. So trafen die Regierungsmitglieder Entscheidungen, die ausschließlich den eigenen Logeninteressen dienten, um diese Aktionen dann als „Maßnahmen des Staates" zu bezeichnen. Keinem fiel auf, dass es sich in Wirklichkeit bloß um das Vorgehen der Staatsvertreter handelte und der Staat selbst, nämlich das Volk, oftmals gar nicht gefragt worden war, sondern lediglich als unfreiwilliger und ahnungsloser Sponsor ständig missbraucht wurde.

Der Tag kam, an dem ein schlauer Denker das System genauer unter die Lupe nahm und Fabian mit folgender Überlegung konfrontierte:
„Für 100 Taler werden 105 Taler als Rückzahlung verlangt; da diese fünf fehlenden Taler nicht existieren, kann die Rechnung niemals aufgehen.
Ein Bauer kultiviert Korn, ein Industrieller produziert Waren, du allerdings bist der Einzige, der Geld verwaltet. Angenommen, es gäbe nur einen einzigen Geschäftsmann im Land, welcher die gesamte Wirtschaft kontrolliert und dieser würde 90% allen Umlaufgeldes in Form von betriebswirtschaftlichen Ausgaben und Löhnen wieder auszahlen und die restlichen 10% als Gewinn verzeichnen, dann würden von den ursprünglichen 100% Gesamtkapital nach wie vor die Zinsanteile fehlen, da die entsprechende Summe niemals existiert hat. Um dich nunmehr zu bezahlen, müssten wir unsere Waren für 105 anstelle von 100 Talern verkaufen. Erstens geht dies buchhalterisch gar nicht und zweitens kann nicht die gesamte Warenmenge umgesetzt werden, da nicht genug Geld verfügbar ist. Das System kann daher nur funktionieren, wenn die fünf Taler Zins pro 100 Taler geliehenen Geldes in die Gesamtrechnung mitaufgenommen werden."

Fabian hörte scheinbar aufmerksam zu und wusste zugeknöpft zu erwidern:
„Wirtschafts- und Finanzwissenschaften sind wesentlich komplexer, als dass sie derart vereinfacht abgehandelt und dargestellt werden könnten. Ein Verständnis dieser Themen verlangt ausgiebiges und vertieftes Fachwissen. Ich bin aber sehr dankbar für die vorgebrachten Bedenken und rate zur bestmöglichen Integration der Argumentationsinhalte in die volkswirtschaftlichen Interessen, indem die betriebswirtschaftliche Effizienz gesteigert wird, die Produktion einen Wachstumsschub erfährt und die Ausgaben durch Rationalisierung gesenkt werden. Dies bedeutet, ihr werdet immer mehr Überflussgüter zu immer geringeren Preisen bekommen. Möglicherweise wird sich unser Staat etwas verschulden müssen, aber das macht überhaupt nichts, denn ich persönlich führe die Privatbanken, bei denen wir das Geld leihen. Natürlich stelle ich mich gegen entsprechendes Honorar als Fachberater in diesen Dingen zur Verfügung."
Fabian galt landläufig als der Experte und Einwände waren zwecklos, denn schließlich schien die Wirtschaft zu boomen und das Land einen enormen Aufschwung zu verzeichnen.

Um die Zinsraten zu vertuschen, wurden die Händler über wirtschaftsdynamische Prozesse gezwungen, Preisgestaltungen zu verschärfen.
Die Angestellten und Arbeiter beklagten sich bald über zu niedere Löhne, die Arbeitgeber ihrerseits rechtfertigten diese mit den tatsächlichen Gefahren eines potentiellen Bankrotts. Bauern wiederum waren unfairen
Absatzkosten ausgesetzt, während die Konsumenten darüber klagten, dass im Gegensatz zu den Überflussgütern die zum Leben tatsächlich benötigten Dinge immer teurer wurden.
Teile der Bevölkerung verarmten, teilweise so schlimm, dass selbst Freunde und Verwandte nicht mehr im Stande waren, einander auszuhelfen.Schließlich kam es zu Streiks, einem bis dahin unbekannten Phänomen.
Der ursprüngliche Reichtum und Wohlstand der Natur schien vergessen, all die fruchtbaren Böden, uralten Wälder, riesigen Viehherden und die mineralhaltige Erde. Alles drehte sich nur mehr ums Geld und dieses wiederum schien immer knapper zu werden. Niemand hinterfragte das System als solches, schien es doch von den Volksvertretern verwaltet zu sein!
Einige wenige waren in der Lage, ihren Überschuss zusammenzulegen und Verleih- und Finanzinstitute zu gründen, wobei 6% Zins angeboten wurden, was besser war als Fabians 3%, allerdings konnte nur Geld verliehen werden, das in der Tat deren Eigentum war, ungleich Fabians Methode, Geld per Füllfederhalter zu erschaffen. Diese Finanzinstitute irritierten Fabian und Konsorten und wurden daher innerhalb kürzester Zeit aufgekauft und unter Kontrolle gebracht.

Die gesamtwirtschaftliche Lage verschlechterte sich und Arbeiter bemerkten die unproportional hohen Einkommen ihrer Arbeitgeber. Diese ihrerseits hielten ihre Arbeitskräfte für faul und ineffizient. Jeder begann seinen Nächsten zu beschuldigen. Die Gouverneure hatten keine Antwort und die akuten Probleme der aufkommenden Armut zu lösen, sowie „Arbeitsplätze zu schaffen", schien ohnehin wesentlich wichtiger.
Sozialprogramme wurden eingerichtet und per Gesetz wurde jeder Einwohner verpflichtet, Beiträge zu leisten. Dies wiederum erzürnte die Bürgerschaft, da Abgaben gegen den Willen des Einzelnen einem klaren Diebstahl gleichkamen.
Doch Fabian ließ nicht locker. Sein nächster Coup war die Besteuerung von Bürgern, die ihr Eigentum auch tatsächlich in Besitz nahmen. So sagte sich Fabian: „Das Land gehört dem Staat, somit dem einzelnen Bürger, aber wer seinen Anspruch reklamiert, muss mir einen Obulus zahlen!" Und er erfand verschiedene Steuern auf Grund und Boden, wenn jemand ein Haus darauf baute. Danach wurden nach alter Wegelagerer-Tradition fahrende Fuhrwerke besteuert, angeblich um die Strassen zu sanieren, was aber nur in lächerlichem Gegenwert geschah. Und schließlich wurden auch die parkenden Fuhrwerke besteuert, wenn sie vorübergehend auf öffentlichem Grund abgestellt wurden.
Diese Sozialabgaben schienen zwar im Ansatz eine Beruhigung des Staatshaushaltes zu schaffen, bald allerdings wuchs die Abhängigkeit und die damit verbundene Regierungsbürokratie.

Die meisten Gouverneure waren integere Regierungsvertreter mit guten Absichten.

Um das Volk nicht weiter zu belasten, begannen die Gouverneure Fabian zu beleihen, ohne sich im geringsten klarzusein, wie diese Anleihen zurückgezahlt werden sollten.
Eltern waren nicht mehr in der Lage, die Lehrer für ihre eigenen Kinder zu bezahlen, genauso wenig wie den Hausarzt oder den Busfahrer. Schritt für Schritt war die Regierung gezwungen, diese Funktionen zu übernehmen und zu
verwalten. Lehrer, Ärzte und viele andere Berufsgruppen wurden zu Beamten, was der ursprünglichen Passion und Berufung nicht zugute kam. Ein jeder wurde Teil dieser gigantischen Unterdrückungs-Maschinerie. Niemand war interessiert, Initiativen zu ergreifen; berufliche Erfolgserlebnisse wurden ignoriert, Einkommen waren gleichgeschaltet und eine Beförderung stand nur dann an, wenn ein Vorgesetzter starb.

In solcher Zwangslage beschlossen die Gouverneure wieder einmal, Fabian um Rat zu fragen, da dieser perfekt vorgaukelte, in Geldangelegenheiten der richtige Konsulent zu sein. Er veröffentlichte seine Meinung, das Volk wäre als solches einfach nicht in der Lage, mit Geld ordnungsgemäß umzugehen und dass folglich ein Kontrollsystem von Regierungsseite vonnöten wäre. Grundlage sollte selbstverständlich sein, dass alle Menschen gleich wären und in diesem Sinne ein jeder aufgrund seines Besitzes besteuert werden sollte. Selbstverständlich könnten Schulen und Krankenhäuser (vorerst) ausgeschlossen werden….
Fabian erwähnte noch beiläufig, dass gewisse Gläubiger doch bitte ihre persönlich vereinbarte Zahlung abzustatten hätten und dass im Falle von Zahlungsunfähigkeit zumindest der fällige Zinsbetrag zu leisten sei.

Niemand hinterfragte Fabians Philosophie und eine Einkommenssteuer wurde eingerichtet. Nun galt die Devise: Steuern zahlen oder ins Gefängnis gehen.
Wiederum waren die Händler gezwungen, die Preise anzuheben. Arbeiter verlangten wiederum höhere Löhne, viele Arbeitgeber ihrerseits mussten Teile ihrer Arbeiterschaft durch Maschinen ersetzten oder sogar Bankrott anmelden.

Eine vorübergehende Lösung war das Errichten von Einkaufszentren, was selbstverständlich auch wiederum nur Fabians Logenmitgliedern als den dahinterstehenden Wirtschaftsmagnaten zugute kam. Der Werteverfall und die Arbeitslosigkeit stiegen und die Regierung zeigte sich gezwungen, weitere Sozialprogramme zu erfinden.
Tarife und andere Schutzmaßnahmen wurden eingesetzt, da es immer größere Industriezweige vor dem Zusammenbruch zu bewahren galt. Dennoch gab es laufend neue Rekordsummen bei Insolvenzen und Bankrotts. So mancher begann sich zu wundern, ob der Sinn der Produktion darin lag, Waren herzustellen oder lediglich das Volk zu beschäftigen.
Die Lage verschlechterte sich zunehmend und es wurden die verschiedensten Maßnahmen erprobt, um die eskalierenden Preise unter Kontrolle zu halten. Weitere Formen der Besteuerung mussten eingeführt werden und bald waren annähernd 50 verschiedene Steuern auf einem Laib Brot, angefangen bei der Grundsteuer des Bauern über alle Belastungen des Handels bis zur Mehrwertsteuer der einkaufenden Hausfrau.

»Expertengremien« wurden zusammengestellt, um im Auftrag der Regierung die Lage unter Kontrolle zu bringen, was in nichts anderem resultierte als in einer anderslautenden Restrukturierung und in immer neuen Formen der Besteuerung.

Fabian verlangte ungeschmälert seinen Zins und ein ständig wachsender Anteil all dieser Steuern mussten verwendet werden, um diese Zahlungen überhaupt noch aufbringen zu können.
Die politischen Parteien versprachen programmgemäß verschiedene Ansätze zur Lösung der Probleme. Es wurden alle denkbaren Aspekte abgehandelt, angefangen bei den Unterschieden in Persönlichkeiten, Idealismus und Ideologie, später wurden Rassismus und Ausländerhass retortenmäßig erzeugt und kräftig geschürt; nur der Kern des Geschehens wurde souverän übergangen.
Schließlich passierte es, dass in einer der Städte sich der fällige Zinsbetrag als größer herausstellte als der Betrag des erwirtschafteten Einkommens. Als Antwort wurde erbarmungslos ein Zins auf den unbezahlten Zins erhoben.
Danach folgte der Krieg. Die Menschen begannen, des Geldes wegen einander zu töten.

Fabian ließ dafür eigene Fabriken bauen, gab ihren Besitzern Geld, um Bomben herzustellen, verlieh Geld an das Militär, um möglichst viele Bomben über zwei sich scheinbar streitenden Völkern abzuwerfen und gab dann den Opfern hochverzinste Kredite für den umfangreichen Wiederaufbau. Danach gab es weitere großzügige Kredite unter dem Titel „Wirtschaftsförderung". Dieses System mit all seinen Auswirkungen war so erfolgreich, dass innerhalb kürzester Zeit jedes Land der Welt in irgendeiner Form »Auslandsschulden« hatte.

Dies machte Fabian soviel Spaß, dass er begann, Krieg und Mangel in verschiedensten Formen der Drohung und Angstverbreitung als wohlorganisiertes Machtinstrument einzusetzen und so steigerte sich die Spirale der Gewalt in allen Landesteilen. Er folgte sogar dem Plan eines durchtriebenen Denkers seiner Loge, der erläuterte, wie man durch drei Weltkriege zu einer ultimativen Eine-Welt-Regierung gelangen könne.
Niemand außerhalb von Fabians Logennetzwerk war imstande, eine plausible Erklärung für all diese Ungereimtheiten zu finden. Dabei hätte lediglich der Gedanke geholfen: „Wenn alle Staaten dieser Welt verschuldet sind - wer ist dann eigentlich der Gläubiger?"

Schritt für Schritt brachte Fabian den wahren Wert der Ländereien unter seine Zensur. Sein Ziel war es inzwischen, jeden profanen Bürger unter seine vollständige Kontrolle zu bringen. Systemgegner wurden durch finanziellen Druck in Zaum gehalten oder wurden als unrealistisch und lächerlich dargestellt.
Als Mittel dazu dienten die längst von Fabian aufgekauften Fernseh- und Radiostationen, sowie die von ihm kontrollierten Zeitungen und Verlage. Fabian ließ seine Logenbrüder, die zwischenzeitlich alle wichtigen Regierungsstellen infiltriert hatten, Gesetze erschaffen, die mit ihren Belastungen kein Überleben von öffentlichen Medien vorsahen. Vom Geld der arglosen Steuerzahler wurden danach hohe Beträge abgezweigt und als öffentlich bekannte „allgemeine" und zusätzlich heimliche „besondere Presseförderung" an die derart künstlich am Leben erhaltenen Printmedien und Rundfunkstationen ausgezahlt. Durch diese umfangreichen Manipulationen war trotz der ursprünglich guten Absichten der Journalisten niemandem mehr klar, dass grundsätzlich nur die Symptome der Probleme abgehandelt werden durften, niemals jedoch die eigentliche Ursache der ganzen Entgleisung in Frage gestellt wurde.
Natürlich gab es mehrere Zeitschriften, die einen waren linksorientiert, die anderen rechts und auch für den Mann der Mitte war hervorragend gesorgt. Solange niemand das System als solches hinterfragte, waren in diesem bizarr auswuchernden Spiel keine Grenzen gesetzt. Die ganze Welt schuldete Fabian nun Geld und über seine öffentlichen Medien konnte er jedem Normalbürger Glauben machen, was auch immer er gerade wollte.
Wenn Fabian einen Feind brauchte, ließ er von seinen Gefolgsleuten einen Terroranschlag im eigenen Land durchführen und seine gekauften Medien gaben daraufhin bekannt, wer der auserwählte Feind ist, der sofort mit voller Brutalität niedergebombt und getötet werden „durfte". Mehr noch, nach gezielter, unfassbar brutaler Kriegsführung mit komplexem,
rassistischem Hintergrund, genialen Propagandamaßnahmen und nachfolgend unverschämter Fälschung der Geschichtsschreibung war es Fabian sogar möglich, volksverhetzende Gesetze zu erschaffen, die sich selbst beschützten, indem jeder, der sie zu hinterfragen versuchte, automatisch ins Gefängnis gesteckt werden konnte. Nicht einmal der Abwurf von Atombomben auf Kinder bereitete Fabian irgendwelche
Gewissensbisse und seine Banken verdienten äußerst gut daran.
Oft musste er über seine unglaublichen Fähigkeiten als überragender Spielleiter dämonisch lachen.

Was waren nun die weiteren Interessen der Reichen, nachdem sie alle materiellen Anreize verkostet hatten? Macht war die Antwort, ungezügelte Macht über andere. Die Idealisten hatte Fabian erfolgreich in den Medien platziert, die wahre Kontrolle dagegen ging von den Mächtigen der Politik aus.
Ein extrem arrogantes Klassenbewusstsein kristallisierte sich heraus und die „Illuminaten" waren überzeugt, dass die Masse unnachgiebige Kontrolle bräuchte, um ordnungsgemäß zu funktionieren. Der Konsumrausch wurde verschärft, um die niederen Instinkte zu verstärken, um Anreize zum Nachdenken zu unterbinden und um die Überzeugung zu verankern, dass es keine Alternative mehr gäbe zum farblosen Alltag des permanenten Geld-Verdienen-Müssens.

Zu Herrschen wiederum maßte sich diese selbsterleuchtete Klasse als angebliches Recht einer „höheren Geburt" an. Landesübergreifend waren schon längst zahlreiche Großbanken zu finden und obgleich diese scheinbar miteinander konkurrierten, arbeiteten diese in Wirklichkeit eng zusammen. Mit offizieller Absegnung war eine Zentralbank eingerichtet worden und ihre Einlagen waren Anleihen, die durch reelles Geld gedeckt wurden, das sich in den einzelnen Sparkassen befand. Dem Anschein nach handelte es sich um eine Regierungsinstitution, wobei in Wahrheit kein einziger Volksvertreter jemals Zugang zu den Kontrollgremien hatte. Mehr noch, diese Art
Nationalbank stand außerhalb der Staatsverfassung und somit oberhalb des
Bundespräsidenten, wodurch sie tun und lassen konnte, was sie wollte. Wie leicht hätte jeder Bürger dies feststellen können, war dieser Verrat doch sogar aus den offiziell zugänglichen Unterlagen erkennbar.
Die Regierung ihrerseits musste nun nicht mehr Geld direkt von Fabian aufnehmen, sondern konnte sich an diese Zentralbank wenden, wobei als Sicherheit für die Kredite die zukünftigen Zinseinnahmen galten. Dies war in Einklang mit Fabians Plan, der ausgerichtet war auf die Ablenkung von den Ursachen unter Aufrechterhaltung des Ziehens aller Fäden aus dem Hintergrund.
Seine Devise lautete: „Solange ich als Berater in Finanzangelegenheiten herangezogen werde, halte ich mich komplett aus der Gesetzgebung des Landes heraus." Es war somit einerlei, welche Partei regierte, da Fabian den Lebensfluss des Volkes, das Geld, unter seiner vollständigen Kontrolle hatte.

Schließlich kam Fabian seinem Endziel nahe.

10% allen Geldes waren nach wie vor in Form von Münzen und Scheinen im Umlauf, was den einzelnen Individuen eine gewisse Freiheit und Kontrolle über ihr eigenes Leben einräumte.
Um Diebstahl und Verlust entgegenzuwirken schlug Fabian vor, eine kleine Plastikkarte für jeden Einzelnen auszustellen mit Name und Photo, sowie einer Identifikationsnummer.
Mit dieser Karte konnte der Normalbürger bequem seine Einkäufe machen, ohne allerdings zu ahnen, dass auf einmal nicht nur seine gesamten Guthaben und Schulden über einen Zentralcomputer abgerufen werden konnten, sondern über die Art seiner Einkäufe auch ein recht gutes Profil über ihn erstellt werden konnte, wann er sich wo aufhielt, welche Bücher er las und überhaupt welche Vorlieben er hatte.

Für den Einzelkunden wurde die Kreditkarte zusätzlich attraktiv gemacht, indem bei der Rückzahlung am Monatsende keinerlei Zins für ihn anfiel. Die Geschäftsleute hingegen hatten wesentlich höhere Ausgaben, die einen längeren Zeitraum zur Abzahlung verlangten und die 1.5% anfallenden Zinsen pro Monat wurden derart zu 18% Jahreszins. Diese 18% mussten aber natürlich von ihnen auf den Preis der Endprodukte aufgeschlagen und somit an den Kunden weitergegeben werden, obgleich solche Rechnungspositionen zu
Beginn niemals existiert hatten. De facto mussten die Geschäftsleute 118 Taler pro 100 geliehenen Talern rückerstatten, wiederum ein fiktives Geld, das nie im Umlauf gewesen war!

Durch einen weiteren genialen Trick wurde die Überwachung der Bewegungen von Einzelbürgern vorangetrieben. Fabians Erfüllungsgehilfen beauftragten Großfirmen mit der Entwicklung von tragbaren Individualtelefonen, die das Volk erwartungsgemäß mit großer Freude benutzte. Kaum einer jedoch dachte dabei an die Tatsache, dass nun jederzeit die Position jedes Telefonbenutzers im In- und Ausland auf unter hundert Meter genau abgerufen werden konnte. Zu diesem Zweck wurden alle Industrieländer mit einem engmaschigen Netz von Sendemasten überspannt. Als vorauskalkulierte Begleiterscheinung konnten nun auch die auf freier Funkübertragung basierenden Gespräche nach Lust und Laune mitgeschnitten werden. Technologische Geheimnisse wurden plötzlich transparent, Verschwörungen wurden im Keim erstickt und schließlich warfen sogar spezielle Auswertungsprogramme automatisch verschiedenste Trends in der Entwicklung des Volkes in computergeführten Listen aus.
Der Erfolg war so groß, dass alle Computer der Welt vernetzt wurden in einem weltweiten „Web" und natürlich war es dem Uneingeweihten wieder einmal nicht klar, das hier nicht die Rede von einem normalen Netz ist, sondern wortwörtlich von einem Spinnennetz, in dem sich der Benutzer völlig unbewusst verfängt.

Kaum der Rede Wert war dazu die Tatsache, dass die Computerprogramme zusätzlich mit Cydoors ausgestattet wurden, also geheimen Hintertüren in der Programmierung, durch die alle Daten des Betreibers von außen abgefragt werden konnten. Fabian seinerseits genoss Prestige und höchsten gesellschaftlichen Rang. Kleine, nutzlose Unternehmen verschwanden reihenweise durch Bankrott und spezielle Gewerbescheine wurden gesetzlich verlangt, die es den verbleibenden Firmen noch schwerer machen sollten, unabhängig und entwicklungsdynamisch weiterzuexistieren. Fabians Gesinnungsmitglieder kontrollierten ja längst alle Großunternehmen und somit deren Zulieferer, denn deren umsatzorientiertem Druck hatte sich schlussendlich selbst der letzte unabhängige Schlosser, Elektriker und Bäcker zu fügen.

Fabian plädierte als nächsten Schritt für eine komplette Abschaffung von Münzen und Papiergeld, um völlig den Weg für seine Plastikkarte zu ebnen.
Im Falle des Verlustes sollte jedem Bürger eine Identifikationsnummer in die Hand tätowiert werden, die unter einem speziellen Licht gelesen und an einen Computer weitergeleitet werden konnte. Dieser wiederum war an einen Zentralcomputer gekoppelt, in dem ausnahmslos alle Daten jedes Individuums gespeichert und über Ortungssatelliten angepeilt werden konnten. Weitere elektronische Anlagen sendeten auf der gleichen Trägerfrequenz
gehirnsensitive Wellen zurück, wodurch jedes ungeschützte Wesen weitreichend manipulierbar wurde.

Es wäre fast gelungen, auf unfassbare Weise die endgültige Kontrolle über jeden Erdenbürger zu erlangen.

Fabian starb in den ersten Jahren eines neuen Millenniums im Zuge eines plötzlichen, völlig chaotischen globalen Aufwach-Szenarios der Profanen.
Der größte Teil des Volkes war sich in einer mühevollen, gewaltigen Anstrengung dieses Spiels bewusst geworden.
In seiner Gier hatte Fabian nämlich völlig übersehen, dass die Schöpfungskräfte, die das gigantische Universum mit aus menschlicher Sicht nicht beschreibbarer Intelligenz geschaffen haben, seinem machtvollen Spiel, das vergleichsweise einem Sandkorn am Meer glich, zwar aus Interesse zugesehen, es aber mit einem ultimativen Ablaufdatum versehen hatten.

Es war verankert als ein Weckerläuten im Bewusstsein der Massen und diese hatten keine Chance es zu überhören, nämlich das neue Zeitalter und die Personen und Institutionen die es einläuten.

Vorliegende Fassung: Saiht Tam, Wien, 22.11.2002
Überarbeitet aus der Erstfassung auf www.relfe.com/plus_5_german.html